„Wenn ich am Wochenende in den Bergen bin, gehe ich gerade auf keine Hütte“, antwortet Rainer Schmid auf die Frage nach seiner Lieblingshütte und lacht. Verständlich, denn was für andere das Büro ist, ist für ihn im Moment eine DAV-Hütte: Er saniert die Falkenhütte im Karwendel. Um seinen Arbeitsplatz ist der Münchner Architekt durchaus zu beneiden, auch wenn er dort gerade sehr viel Zeit verbringt: Gelegen auf 1.848 Metern direkt vor den imposanten Lalidererwänden, die vor dem Zweiten Weltkrieg und in den 70er Jahren der Hotspot für (Profi-)Kletterer waren. An die 1.000 Meter ragen die Wände senkrecht in den Himmel empor und sorgen für eine beeindruckende Kulisse, der man sich nur schwer entziehen kann. Doch nicht nur die Kulisse fasziniert den im Berchtesgadener Land aufgewachsenen Architekten an seinem Arbeitsplatz: „Was ich sehr schätze bei so einer Baustelle, ist der Teamgedanke und das familiäre Gemeinschaftsgefühl das da oben entstehen. Es ist wie in einem Kloster, die Handwerker sind unter der Woche abgeschottet von der Zivilisation. Alle sitzen im gleichen Boot und versuchen miteinander das Beste aus der Aufgabe herauszuholen. So gibt’s das nicht auf einer Baustelle in der Stadt.“
Am 20. August 1921 wurde der Grundstein für die Falkenhütte gelegt. Drei Jahre lang zogen im Sommer allwöchentlich Gruppen von acht bis zehn, später von 20 und mehr Ehrenamtlichen von München über Scharnitz, Kochel oder Tölz zum Hüttenbauplatz. Zwei Jahre lang wurde die Hütte von ihnen mit Hilfe von nur drei Festangestellten aufgebaut. An Pfingsten 1924 nahm sie offiziell ihren Betrieb auf.
Seit 2015 steht die Falkenhütte aufgrund ihrer (alpin-)geschichtlichen und kulturellen Bedeutung zu großen Teilen unter Denkmalschutz – seit September 2018, fast 100 Jahre nach der Grundsteinlegung, wird sie restauriert. „Im Moment passiert von Rohbau bis Fertigstellung alles gleichzeitig auf der Baustelle. Es ist fast wie beim Arzt. Fünf bis acht Gewerke arbeiten an sehr vielen unterschiedlichen Ecken. Ich springe von einem Gewerk zum nächsten und löse gemeinsam mit dem Team die jeweiligen Bauaufgabe,“ erzählt Architekt Rainer Schmid.
Denkmalschutz und Restaurierung
Allein die Projektsumme von insgesamt 6,4 Millionen Euro lässt die Größe der Restaurierung erahnen. Zahlreiche Behördenauflagen zum Beispiel des Denkmalschutzes und Brandschutzes sowie notwendige Maßnahmen zur Substanzerhaltung haben die Generalsanierung der Falkenhütte erforderlich gemacht – so die Sektion Oberland. Das Nebengebäude mit Winterraum, das „Horst-Wels-Haus“, und das Technikgebäude wurden abgerissen und neu errichtet, die hübsche Stube mit ihrer besonderen Wandtäfelung ist denkmalgeschützt, bleibt ebenso wie das Mobiliar bestehen und wird fachkundig restauriert und rekonstruiert. Für Rainer Schmid ist neben der erschwerten Logistik und dem kleinen Zeitfenster, die Baustellen im Gebirge mit sich bringen, der Standort selbst die größte Herausforderung: „Die Natur ist für mich das Wesentliche und damit verbunden die Frage, wie und wo stelle ich die Gebäude hin. Früher sind Dörfer so entstanden – sie haben sich in die Natur eingefügt. Auch wenn die Gebäude selbst modern sein mögen, sie bilden doch eine Einheit mit der Natur und ergänzen sich gegenseitig. Die Falkenhütte zum Beispiel ist ein Ensemble aus Gebäuden, die zueinander in Wechselwirkung stehen. Die Herausforderung war der denkmalgeschützten Urhütte die größte Wirkung zu geben. Sie war das Maß der Dinge.“ Dass das Bundesdenkmalamt in Innsbruck bei der Restaurierung ein Wörtchen mitzureden hatte, sieht Rainer Schmid nach der Grundsatzentscheidung der Sektion die Hütte im Wesentlichen erhalten zu wollen nicht als Einschränkung seiner Freiheit: „Letztendlich hat man einen Partner mehr im Boot. Ich sehe das wirklich als Partner, nicht als Bremsschuh. Die weitere gestalterische und fachkundige Meinung ist eine Bereicherung für das Gebäude im Sinne des Gebäudes.“
Die Falkenhütte liegt im Gebiet Hinterriss Eng im Karwendel zwischen den Ahornböden. Zu Fuß kann man vom Naturdenkmal großer Ahornboden über das Hohljoch hinüberwandern (zwei Stunden, circa 800 Höhenmeter). Zwei weitere Zugänge zur Falkenhütte sind von Hinterriß aus über das Johannistal und das Laliderertal.
Das Karwendel (insgesamt 917 Quadratkilometer oder 150.000 Fußballfelder groß) ist Naturschutzgebiet in Bayern und erstreckt sich mit dem Karwendelvorgebirge von Lenggries bis über den Hauptkamm des Karwendel nach Tirol. Hier reichen die über 2.000 Meter hohen Kalkfelsen bis ins Inntal. Murmeltiere, Gämsen, Steinböcke und Adler sind hier zu Hause. Der Tiroler Teil des Karwendels ist der größte Naturpark Österreichs.
Mit der BOB aus München bis Lenggries fahren, dann umsteigen in den Bergsteiger-Bus, der seine Endhaltestelle in der Eng hat. Vorher ist ein Ausstieg jederzeit möglich, zum Beispiel am Sylvensteinspeicher für ein kühles Bad nach der Wanderung.
Die Neueröffnung der Falkenhütte ist für Juni 2020 geplant.
In der neuen Falkenhütte gibt es 139 Schlafplätze, davon 72 Zimmerlager, 59 Betten im Matratzenlager und ein Winterraum mit acht Plätzen. Es stehen auch Doppelzimmer zur Verfügung. Eine Übernachtung kostet für Mitglieder im Mehrbett-Zimmer 20 Euro, im Lager 13 Euro. Kinder bis sechs Jahre zahlen 6,50 Euro; im Lager schlafen sie kostenfrei.
geplant sind: Waschräume/WC Damen/Herren, je eine Dusche, Winterraum (acht Lager; Trockentoilette, eine elektrischen Heizquelle (Infrarot), ein Elektroherd mit integrierter Zeitschaltuhr, Geschirr/Kochutensilien, Decken, kein Wasser).
„4-tägige Karwendeltour“ Vier Tage im Karwendel unterwegs – mehr Natur und Berge geht nicht: Von Hinterriss über die Falkenhütte, den Alpengasthof Eng zur Lamsenjochhütte und die Gramaialm bis nach Pertisau.
Steinfalk (2.347 m) & Mahnkopf (2.094 m) Für Bergsteiger und eher schwindelfreie Wanderer eignet sich der Steinfalk über den Mahnkopf als kurze Tagestour. Wer länger und ohne ausgesetzte Stellen gehen möchte, wandert auf das Gamsjoch und macht mit Abstieg übers Laliderertal eine schöne lange Tageswanderung.
Gamsjoch (2.452 m) „Direkt und steil“ geht es in circa drei Stunden aufs Gamsjoch, allerdings nie schwierig oder ausgesetzt. Etwas Gespür für wegloses Gelände sollte der Wanderer mitbringen – er bekommt für seine Mühen am Gipfel einen fantastischen 360-Grad-Ausblick bis in schneebedeckte Gipfel in der Ferne (Großvenediger, Großglockner, ...).
Mit dem Mountainbike zur Falkenhütte Der Mountainbike-Klassiker startet in Mittenwald und führt über einige Steigungsprozente (teilweise kurze Schiebepassagen mit bis zu 26 Prozent) zuerst zum Karwendelhaus, dann über den Hochalmsattel inklusive Downhill zum kleinen Ahornboden bis zur Falkenhütte. Hier warten Bier und die wohlverdiente Speckknödelsuppe – und ein bequemes Bett für die Nacht. Rückfahrt übers Johannestal und Hinterriss.
Besonders hübsch ist der große Ahornboden im Herbst – wenn die Blätter gelb, orange und rot gefärbt sind, breitet sich eine wunderbare Stimmung über dem Eng-Tal aus. Der große Ahornboden ist als Naturdenkmal besonders geschützt, die bis zu 600 Jahre alten Bäume dürfen nicht gefällt werden.
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Mehr Infos: www.alpenverein-muenchen-oberland.de/falkenhuette