„Wir wollen unsere eigene Karte mit unseren eigenen Wegen kreieren“

„Montanus - The Wild Side“ ist ein Bikepacking Projekt von den zwei leicht verrückten Italienern, die ihre Abenteuer  mit bildgewaltigen Filmen, anspruchsvollen Fotos und kreativen Illustrationen dokumentieren. Über sie selbst erfährt dabei aber meist wenig. Outville hat mit ihnen darüber gesprochen, warum sie lieber ohne große Worte auskommen.

Möchte man auf der Webseite des italienischen Bikerpacking-Duos „Montanus“ herausfinden, wer eigentlich dahinter steckt, so erfährt man unter dem Reiter „About“ , dass die beiden Francesco und Giorgio heißen. Francesco präsentiert sich als artisanaler Bäcker, der weltweit die Backstuben unsicher macht und sein Freund Giorgio inszeniert sich als gebildeter Kaffeeconnaisseur, der aus Weltraumschrott und schwedischem Bambus seltene Kaffeespezialitäten braut. Wirklich? Als ich sie gleich zu Beginn meines Interviews darauf anspreche, taucht in ihren Gesichtern nur ein kleines verschmitztes Lächeln auf. „Wer wir sind?“, wiederholt Francesco meine Frage, „wir sind einfach zwei Arschlöcher“. Daraufhin fängt Giorgio neben ihm laut zu lachen an. Eine Sache ist klar, die Jungs von Montanus reden nicht gerne über sich selbst, das habe ich jetzt auch kapiert, aber locker lasse ich trotzdem nicht.

Vom Graffiti zum Bikepacking

Francesco und Giorgio sind zwei alte Freunde aus Italien. Getroffen haben sie sich ganz zufällig 1995 vor einer leeren Wand mit Sprühdosen in den Händen. Verstanden haben sie sich sofort, schließlich teilen sie die gleichen Leidenschaften, damals für Graffiti, später für BMX und heute fürs Bikepacken. Mittlerweile sind sie älter geworden, ihr Leben hat sich verändert aber die Freundschaft ist geblieben. Heute arbeiten beide als freiberufliche Grafikdesigner in Italien und versuchen mindesten viermal im Jahr gemeinsam zu verreisen und das immer mit dem Rad.

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Auf meine Frage warum gerade das Radreisen für sie so interessant ist, rollt Giorgio nur stumm den Ärmel seines Shirts nach oben. Auf seinem Oberarm prangt das Tattoo von einem alten Fahrrad mit der Unterschrift „Our noblest invention“ und damit ist für ihn alles gesagt. „Es macht einfach Spaß“, fügt Francesco hinzu. „Das Fahrrad war eines der ersten Spielzeuge, die unterm Weihnachtsbaum lagen und die Freude daran ist geblieben. Es ist schnell, aber nicht so schnell, dass man die Welt um sich herum nicht mehr wahrnehmen kann. Und darum geht es uns, wir wollen unsere Umgebung erkunden, neue Gebiete erforschen, Neues kennenlernen.“

Lieber eigene Wege erradeln, statt fremden Tracks zu folgen

„Unseren ersten Bikepacking-Trip, haben wir gemacht, bevor wir überhaupt wussten, dass es Bikepacking gibt,“ ergänzt Francesco. „Wir haben einfach unsere Sachen in einen alten, sperrigen Rucksack gepackt und sind mit unseren Rädern und einem Zelt, das wir für 20 Euro im Discounter gekauft hatten, in die Berge. Wir haben die Fahrräder mehr geschoben, als dass wir wirklich gefahren sind, trotzdem wollten wir danach nichts anderes mehr machen.“

In den letzten Jahren waren Montanus viel in Italien und auf der ganzen Welt unterwegs. „Wir lieben es Orte zu bereisen, die auf dem ersten Blick gar nicht so attraktiv erscheinen.“ Bereits bestehende Bikepacking-Routen fahren die Beiden daher auch fast nie. „Wir wollen unsere eigene Karte mit unseren eigenen Wegen kreieren,“ verdeutlicht Giorgio ihre Einstellung. Ihre Ziele sind dabei aber nicht beliebig, manchmal ist es ein Buch oder ein altes Magazin, das sie durchstöbern und das sie neugierig auf einen Ort macht. „Oft klingelt mein Handy mitten in der Nacht und Giorgio berichtet mir aufgeregt von etwas, das er im Fernsehen gesehen hat.“ Francesco lacht: „So fangen die meisten unserer Reisen an, mit einer Idee und einem vagen Ziel.“ Als ich allerdings genauer wissen will, wie sie ihre Routen festlegen, bekomme ich leider keine zufriedenstellende Antwort. Allerdings bohre ich auch nicht weiter nach, es scheint mir entweder ein gut gehütetes Geheimnis zu sein oder aber vielleicht haben Montanus wirklich, wie sie selbst behaupten, Superkräfte was das angeht.

Besessen davon, ihre Abenteuer zu dokumentieren

Auf ihren Bikepacking Trips ist das Montanus-Duo sehr minimalistisch unterwegs, stets bemüht nur das Nötigste mitzunehmen. Nur bei der Kameraausrüstung sind sie nicht zimperlich. „Die Dokumentation unserer Trips ist für uns schon fast so wichtig wie die Reise an sich. Dabei geht es uns nicht um irgendwelche Follower auf Instagram, wir haben einfach Spaß daran kreativ zu sein. Für uns ist es das Größte, ein Stück von unseren Reisen unseren Freunden und Familien mitbringen zu können. Die Fotos und unsere Filme sind ein guter Weg unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen und zugleich ist das auch unsere größte Motivation.“

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Auch wenn Montanus ein gemeinsames Projekt ist, haben Francesco und Giorgio jeweils einen bestimmten Teil übernommen. „Wir fotografieren beide aber Francesco macht den Großteil der Illustrationen und kümmert sich um die Webseite, während ich die meiste Arbeit mit unseren Videos übernehme“,” erzählt Francesco. „Wir sind einfach ein Team in Allem was wir machen.“ Und den Eindruck von einem gut eingespielten Duo habe ich auch, eines allerdings, das sich selber nicht zu ernst zu nehmen scheint.

Humor statt Leistungsdruck

„Hier in Italien gibt es ein großes Wettbewerbsdenken beim Radfahren. Schneller, besser, weiter“ , stöhnt Francesco genervt. „Gerade deswegen ist uns wichtig, das Ganze mit ein bisschen mehr Humor zu nehmen.“

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Wir sprechen am Ende fast zwei Stunden und nachdem wir auflegen, sitze ich noch ein bisschen da und schaue mir nochmal die Fotos von Giorgio und Francesco auf ihrer Webseite an. Eigentlich sind sie beide darauf ganz gut getroffen, denke ich im Nachhinein, auch wenn die Worte darunter vielleicht frei erfunden sind. Zwei, vielleicht ein bisschen durchgeknallte Italiener, die uns mit viel Ironie zu sagen scheinen: Uns geht es bei Montanus nicht darum, zu zeigen was für tolle Typen wir sind, sondern ums Bikepacken, draußen sein und andere mit unseren Geschichten zu inspirieren auch mal aufs Rad zu steigen und einfach loszufahren.

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talesontyres

2012 haben Franzi und Jona ihre Jobs in Hamburg gekündigt, ihre Besitztümer verkauft und beschlossen, die Welt zu bereisen. Zuerst sind sie 3000 Kilometer durch Neuseeland gewandert. Danach haben sie fünf Monate in Wellington gearbeitet, um sich einen Backpacking-Trip durch Indien und Nepal zu finanzieren. Reisen zu Fuß langweilte sie schnell, deswegen stiegen sie aufs Fahrrad und fuhren vom Iran bis in die Mongolei. Nachdem sie ein Jahr in Vancouver gearbeitet haben, sind sie jetzt wieder auf Straße und radeln durch den amerikanischen Kontinent – zick-zack von oben, bis unten.

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