Max und Jochen so ein Trip, wie ihr ihn unternommen habt, vom Starnberger See oder von der Schwäbischen Alp bis nach Nizza, der bringt doch ziemlich viel Planungsaufwand mit sich, oder?
Max: Du sagst es, wir haben vor einem Jahr angefangen mit der Planung. Sie hat richtig viel Zeit in Anspruch genommen.
Ganz banal - was packt man ein, was nimmt man mit und viel wichtiger, was lässt man da?
Jochen: Das war die Herausforderung. Wir wollten alles dabei haben aber nichts unnötiges. Wir haben zum Beispiel an T-Shirts gespart, jeder hatte nur zwei T-Shirts dabei. Also war tägliches Waschen im Bergbach angesagt.
Max: Oder auch nicht. (lacht)
Ihr wart ja eh nur zu zweit, da ist es dann ja egal. Wie viel Kilo hattet ihr dabei?
Max: Wir waren ziemlich überrascht, als am Ende 50 Kilo auf der Waage standen: alles zusammen, Fahrrad, Ski, Kameraequipment und so weiter.
Ihr habt die Räder unten am Berg abgesperrt, seid Touren gegangen und danach wieder weiter mit dem Fahrrad. Am Furkapass in der Schweiz musstet ihr aber das Rad mit dem ganzen Gepäck auf den Rücken schnallen, weil der Pass noch nicht offen war. Wie war das?
Max: Rauf ging relativ gut, der anstrengende Teil war das Runterfahren. Es gab eine ziemlich lange Schiebestrecke mit pappigem Schnee.
Ihr seid ja sowieso Sportler und fit, aber habt ihr euch irgendwie speziell vorbereitet?
Jochen: Durch das ganze Packen und Organisieren blieb wenig Zeit. Im Prinzip war die Tour selber das Training. Am Anfang hat man es noch ein bisschen gemerkt, wir wurden aber immer fitter und haben uns recht schnell eingegroovt.
Das klingt jetzt ein bisschen banal, aber wenn man sich den ganzen Tag körperlich betätigt, von früh bis spät, dann ist es sicherlich nicht so einfach, ein Nährstofflevel zu halten, oder?
Max: Ja, absolut. Wir haben eigentlich durchgängig gegessen, das war eigentlich die Hauptbeschäftigung neben dem Radlfahren. Wir haben in der Früh zu zweit 500 Gramm Müsli gegessen, Mittag war eine Packung Nudeln gleich weg. Wir haben von einem Tag eine Hochrechnung gemacht und kamen auf 7.500 Kalorien pro Person.
Wahnsinn. Ein 1 Meter 80 großer Mann braucht sonst wohl eher so maximal 2.500 Kalorien am Tag.
Max: Genau und wir sind jetzt nicht die größten. (lacht)
Jochen: Wir haben auch unterwegs mal die Anzahl der Müsliriegel ausgerechnet und waren bei der Hälfte schon bei 157.
Habt ihr euch eure Tourenberge vorher ausgesucht oder auch unterwegs noch spontan beschlossen, lass uns mal da hoch gehen?
Max: Wir haben vorher schon einige Berge auf der Karte markiert, die uns gefallen haben, die einfach schön waren. Aber wir haben auch spontan entschieden und uns den Bedingungen und dem Wetter angepasst.
Musstet ihr oft auch Planungen über den Haufen werfen?
Max: Wir wollten mit einem Filmteam in ein Tal hineinfahren, aber die Straße war gesperrt. Da mussten wir überlegen, wie wir das Filmteam da raufkriegen. Wir haben irgendwelche alten Radl aufgetrieben und uns gefreut, dass das Filmteam jetzt mal merkt, wie das für uns ist.
Wenn man 42 Tage unterwegs ist, dann gibt es sicher viele Hochs, aber vermutlich auch Momente, in denen man keine Lust mehr hat. Habt ihr mal ans Abbrechen gedacht?
Max: Wir waren beide auch krank unterwegs, aber ans Abbrechen haben wir nicht gedacht. Das Ziel war im Kopf, aber eigentlich war die ganze Reise das Ziel.
Insgesamt wart ihr 1.800 Kilometer und 35.000 Höhenmeter durch Deutschland, Österreich, die Schweiz, Italien und Frankreich unterwegs. Gibts einen Lieblingsmoment auf dieser Reise?
Jochen: Der letzte große Berg, der südlichste Viertausender in den Dauphiné Alpen, der Barre des Écrins. Von ihm aus haben wir die komplette Route gesehen, die wir schon hinter uns hatten. Alle Berge, auf denen wir bereits standen und das Meer auch schon. Das war ein super Moment, weil Max zwei Tage vorher noch mit Fieber im Bett lag. Ihn da mit oben zu haben war sehr schön.
Wie haben die Leute auf euch komische Typen mit dem vielen Gepäck reagiert?
Max: Wir mussten oft fürs Foto herhalten. In Italien in der Ebene wurden wir immer etwas irritiert angeschaut und gefragt, was das Ganze soll. Jochen hat dann immer gesagt: Passt schon, wir haben auch eine Badehose dabei.
Jochen: Als wir in Nizza ankamen, war es bereits Juni. Die Leute haben etwas den Kopf geschüttelt über uns, aber waren auch begeistert von unseren Erzählungen.
Wie habt ihr euch denn in der Zeit verstanden? Scheinbar redet ihr noch miteinander?
Jochen: Wir diskutieren beide sehr gerne und hatten dann ausführlich Zeit, alles durchzudiskutieren. Aber Streit gab es nie, das hat gut funktioniert. Und jetzt diskutieren wir noch weiter.
Lernt man sich auf so einer Reise besser kennen?
Max: Auf jeden Fall! Man merkt, wo die Grenzen liegen und wir haben gemerkt, man kann enorm viel schaffen. Den Körper kann man nicht so schnell an seine Grenze treiben.
Ihr habt im Zelt geschlafen oder vor der Touri-Information, seid von der Schneeraupe geweckt worden. Wie wars wieder ein Bett zu haben?
Max: Ich habe mich schon sehr gefreut auf mein Bett, darauf wieder zuhause zu sein mit der Familie. Was mir aber geblieben ist: Ich schlafe nicht mehr mit Kopfkissen. Das geht mir auf den Senkel.
Jochen: Vielleicht schnarchst du dann jetzt auch weniger!
Alpenüberquerungen boomen - egal ob mit den Ski, dem Fahrrad oder zu Fuß. Woher kommt das?
Jochen: Ich glaube, es ist die schöne Reisegeschwindigkeit. Man hat noch genügend Zeit, das was um einen herum passiert zu sehen und zu genießen.
Max: Ich denke, dass die ganze Beschleunigung der Gesellschaft dafür sorgt, dass sich die Menschen danach sehnen, ein bisschen abzuschalten und das Leben einfacher zu genießen.
Nicht nur Alpenüberquerungen, auch die Alpen an sich erleben einen Hype, was habt ihr davon auf eurer Reise mitbekommen?
Max: Wir sind durch viele verlassene Wintersport Orte gefahren. Das war erschreckend. Orte, die im Winter randvoll sind, boomen und als wir da waren einfach ausgestorben waren.
Jochen: Im Gegenzug dazu haben wir aber auch ganz viele entlegene Orte und Täler entdeckt, wo die breite Masse noch nicht angekommen ist. Von denen gibts immer noch genügend und es lohnt sich die zu suchen.
Ihr habt mit eurem Film zum Beispiel den Publikumspreis beim Filmfest in St. Anton gewonnen oder es ins Programm des Bannff Mountain Filmfestivals geschafft. Wie fühlt sich das an?
Jochen: Das war immer ein großes Ziel, aber gerechnet haben wir nicht damit. Die Nachricht hat uns sehr gefreut und ziemlich überraschend.
Ihr habt viel gesehen, was ist denn der schönste Ort für euch?
Jochen: Direkt vor der Haustür. Da gibt es so viele Winkel, die man noch nicht erkundet hat und da mal draufzuschauen, das ist was Besonderes.
Fotos: Max Kroneck, Jochen Mesle, Philipp Becker