„Niemals im Leben hätte ich gedacht, dass ich eines Tages mal an einem schneebedeckten Strand surfen würde.“ Normalerweise ist Marlon Gerber, Pro Surfer aus Bali Boardshort, Palmen, Sandstrand, angenehm temperiertes Wasser und eine Welle nach der anderen gewohnt. Die Vorstellung bei Minusgraden, Schneesturm und eisiger Kälte, nur geschützt durch eine sechs Millimeter dicke Gummihaut über einen schneebedeckten Strand zu laufen, mit dem Board einen Duck Dive nach dem anderen durch meterhohe Wellen des gerade einmal fünf Grad warmen arktischen Meers zu tauchen, um eine gute Welle zu erwischen, löst bei ihm Gänsehaut und Schnappatmung aus, als er bei seinem Surf Buddy Tim Latte auf den winterlichen Lofoten aufschlägt. Für Marlon ist es anfangs unvorstellbar, wie man bei solchen rauen und unwirtlichen Bedingungen surfen und dabei auch noch Spaß haben soll. Kein Wunder also, dass seine erste Session nach gut 20 Minuten schon wieder zu Ende ist. Von der Eiseskälte ausgezehrt und völlig am Ende sitzt er bibbernd im Auto und versucht sich am Gebläse der Autoheizung wieder aufzutauen.
Je länger jedoch Marlon mit Tim auf den Lofoten unterwegs ist, desto besser kann er sich auf den außergewöhnlichen, skandinavischen Winter-Surf-Style einlassen und sich im wahrsten Sinn des Wortes akklimatisieren. Es findet regelrecht ein Mindshift bei ihm statt. Während ihn anfangs die harschen Bedingungen, allen voran die Kälte, total ausbremsen, spielen diese irgendwann keine große Rolle mehr. Vielmehr bereichert diese für ihn neue Art des Surfens seinen Style.
Anders als auf Bali, in Australien oder Costa Rica ist die Surf Kultur in Skandinavien nicht Teil der Landeskultur. Hier ist es eine kleine, eingeschworene Cold Water Surf Community, die mit der Suche nach und dem Warten auf gute Wellen groß wird und entsprechende Entbehrungen auf sich nimmt. „Gibt es Wellen, dann gehen wir surfen, egal wie kalt oder bescheiden das Wetter ist“, sagt Tim. „Es erfordert hier oben in der Arktis mehr Hingabe, Leidenschaft und Geduld. Allein schon aufgrund der äußeren Bedingungen ist es so viel schwerer eine gute Welle auszumachen, dass man alles daran setzt sie auch zu bekommen. Denn wenn sie durch ist, wird sie nie wieder kommen und ich werde sie damit auch nicht mehr surfen können.”
Die Crew von El Flamingo Films fängt in atemberaubenden Bildern die raue, unwirtliche und menschenleere Winterlandschaft der gebirgigen Inselgruppe der Lofoten ein und bringt die Urkraft der arktischen Natur bildgewaltig ins Wohnzimmer. Die Mischung aus epischen Landschaftsaufnahmen, Drohen-Shots und SloMo-Nahaufnahmen kombiniert mit der jeweils persönlichen Sichtweise der beiden Protagonisten, erzeugt eine fesselnde Nähe. Wie auch schon bei Eis und Palmen haben es Johannes Müller, Philipp Becker und Team wieder geschafft, eine Geschichte zu erzählen und dabei Momente und Umstände bildlich so einzufangen wie sie auch tatsächlich waren. Halt einfach echt und authentisch! Prädikat: sehenswert!